Fließendes Wasser, das zur Energiegewinnung genutzt werden kann, steht nur in begrenzter Menge zur Verfügung. Daher ist es umso wichtiger, diese vorhandene Ressource bestmöglich zu nutzen.
Nicht überall, wo Wasser fließt, kann ein Kleinwasserkraftwerk errichtet und betrieben werden. Einerseits muss sich der Betrieb wirtschaftlich lohnen, andererseits werden hohe ökologische Standards beachtet, die viele Standorte für eine energetische Nutzung ausschließen.
Es sind jedoch nicht nur Flüsse, die bei der Suche nach verstecktem Potential bedacht werden: Auch die Kraft des Wassers, das beispielsweise in Aquädukten fließt, kann zur Energiegewinnung genutzt werden, wie die Wiener Hochquellwasserleitungen zeigen. Auch in Fischzucht- und Kläranlagen können Kleinwasserkraftwerke sinnvoll genutzt werden.
Der Bedarf an der Erschließung neuer, CO2-neutraler Energiequellen wird künftig weiter steigen, bedingt durch die Ukraine-Krise und der daraus resultierenden Unsicherheit bezüglich der russischen Gaslieferungen, sowie aufgrund des menschengemachten Klimawandels, der vor allem durch fossile Brennstoffe angefacht wird. Daher ist es nötig, vielfältige Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, um auf nachhaltige Weise genügend Energie zu gewinnen, und damit den heimischen Verbrauch decken zu können.
Im April 2022 wurde eine Studie von Emanuele Quaranta und Kolleg*innen veröffentlicht, in der das vorhandene Kleinwasserkraftpotential unter Beachtung verschiedener Umweltschutzszenarien in Europa erhoben wurde.
Die Forscher*innen stellen sich der Herausforderung, dass die jeweiligen zugrundeliegenden Umweltschutzszenarien kaum zu vereinheitlichen sind und damit eine genaue Schätzung erschwert wird. Die Studienergebnisse weisen daher eine große Schwankungsbreite auf: Bei strengen Umweltauflagen liegt das Kleinwasserkraftpotential in europäischen Flüssen bei 79 TWh/Jahr, bei lockeren Umweltauflagen bei 1.710 TWh/Jahr. Zusätzlich wurde das Potential von Hydrokinetischen Turbinen in Flüssen (0,17-1,2 TWh/Jahr), von Wasserrädern in alten Mühlen (1,6TWh/Jahr) sowie im Wasserverteilnetz und an Kläranlagen (3,38 TWh/Jahr) errechnet. Zum Vergleich: 2020 lag der Bruttostromverbrauch Österreichs bei 70,2 TWh, jener Deutschlands bei 229 TWh.
Die Studie zeigt, dass das Potential der Kleinwasserkraft in Europa nicht zu vernachlässigen ist, jedoch maßgeblich von der Strenge bzw. der Laxheit der nationalen, regionalen und lokalen Umweltauflagen abhängt. Gerade in Bezug auf die Umweltauflagen dürfen wir nicht die Umweltfolgen außer Acht lassen, die bei einer weiteren Erwärmung unseres Planten großen Schaden anrichten werden. Es gilt, diese Überlegung bei der weiteren Planung von Kleinwasserkraftwerken sowie anderen erneuerbaren Energieträgern klug zu nutzen und einfließen zu lassen.