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Beschneiungsteiche – großes energetisches Potenzial 

Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur hat die Länge der Schneesaison auf der Nordhalbkugel seit den 1970er Jahren jedes Jahrzehnt um durchschnittlich fünf Tage abgenommen, wodurch die Nachfrage nach der Produktion von Kunstschnee (auch technischer Schnee genannt) gestiegen ist. Einige Skigebiete nutzen die Beschneiung, um ihre Skisaison zu verlängern und die natürliche Schneedecke zu erhöhen. Die Beschneiung stellt die Basis für die Sicherung des Wintertourismus dar. Nur so können Skigebiete zum geplanten Datum öffnen, während der gesamten regulären Saison geöffnet bleiben und den Gästen eine gleichmäßige und dauerhafte Schneeoberfläche bieten. Die für die technische Beschneiung benötigten Wasserspeicher sind spezielle Becken, die eigens für diesen Zweck geschaffen werden. Da die Teiche nur eine kurze Zeit im Jahr (etwa 250 Stunden) in Verwendung sind und über das restliche Jahr hinweg keinen wirtschaftlichen Nutzen darstellen, liegt die Überlegung nahe, einen zusätzlichen Verwendungszweck für sie zu finden. Die Idee der energetischen Nutzung im Pumpspeicherbetrieb ist zwar keine neue Idee, wurde jedoch in der Vergangenheit, aufgrund der geringen Strompreise als nicht wirtschaftlich angesehen.

Ressourcenverbrauch

Für einen Hektar beschneite Skipiste werden pro Jahr laut dem österreichischen Umweltministerium durchschnittlich zwischen 15 und 17,5 Megawattstunden Strom verbraucht. Stand 2024 gibt es 23.714 Hektar Pistenfläche in Österreich, das entspricht etwa der doppelten Fläche des Neusiedlersees. Unter der Annahme, dass davon 70% technisch beschneit werden, ergibt dies 16.600 Hektar beschneite Skipisten. Dies bedeutet, dass in Österreich zwischen 249 und 290 Gigawattstunden pro Jahr an Strom für die Beschneiung der Skipisten eingesetzt werden müssen. Dieser Stromverbrauch entspricht ca. 75.000 4-Personen-Haushalte (bei 3.800 kWh/Jahr und Haushalt). Für die Schneeerzeugung wird das Wasser jedoch nicht verbraucht, sondern nur genutzt, da es durch die Schneeschmelze wieder zurück in die Natur gelangt. Trotzdem müssen für den Beschneiungsprozess Wasserspeicher angelegt werden.

Im Durchschnitt können mit einem Kubikmeter Wasser 2,5 Kubikmeter Schnee mit einer Schneekanone erzeugt werden. Pro Hektar Piste gibt die Wirtschaftskammer den durchschnittlichen Wasserbedarf mit 3000 Kubikmetern pro Jahr an. Das sind hochgerechnet 50 Millionen Kubikmeter pro Saison. Um die Fließgewässer zu entlasten, wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Speicherseen für die Kunstschneeerzeugung errichtet. Aktuell kommen rund 90% des benötigten Wassers aus Oberflächengewässern, für die übrigen 10% wird das Grundwasser genutzt.

Technische Voraussetzungen 

Im Vergleich zu konventionellen Pumpspeicheranlagen weisen die Speicherseen der Beschneiungsanlagen nur sehr geringe Fassungsvermögen auf. Generell gilt: Die Größe des Volumens hängt stark mit der Wirtschaftlichkeit der Pumpspeicheranlage zusammen – je größer, desto wirtschaftlicher. Dies gilt aber nur für neue Pumpspeicheranlagen. Der Vorteil bei Beschneiungsteichen liegt darin, dass sie nicht neu errichtet werden müssen und bereits ein Großteil der Bestandteile einer Pumpspeicheranlage, wie Speicheranlage, Wasserfassung, Pumpstationen, Rohrleitungen und elektrische Versorgungsleitungen, vorhanden ist und nur mehr umfunktioniert werden muss. Bei einem Projekt zur Energieerzeugung sind vorerst die technischen Anlagengegebenheiten, wasserrechtliche Genehmigungen, Grundeigentümerzustimmungen und Einspeisemöglichkeiten ins bestehende Stromnetz zu klären. Zusätzlich gelten Teiche als Betriebsanlagen, daher werden weitere Nutzungen meist eingeschränkt. Bedacht werden muss aber auch, dass die Rohrdurchmesser für Beschneiungsanlagen meist geringer ausfallen als die optimale Dimensionierung für die Stromproduktion. Um das volle Potenzial ausschöpfen zu können, müssten diese eventuell angepasst bzw. ausgetauscht werden.

Energetisches Potenzial am Beispiel Österreich

Stand 2022 gab es in Österreich 455 Speicherteiche, die für die Beschneiung genutzt wurden. Die Abhängigkeit vieler Skiregionen von Kunstschnee nimmt infolge des Klimawandels weiter zu. Nach einer Erhebung von Robert Steiger, Professor am Institut für Finanzwissenschaft der Uni Innsbruck, soll in Österreich der zusätzliche Bedarf, abhängig vom zugrunde gelegten Klimaszenario, bis 2050 zwischen 62 (RCP2.6 – Szenario: stringente Treibhausgasminderung) und 105% (RCP8.5 – Szenario: ohne Klimaschutzmaßnahmen – stetige Zunahme der Treibhausgase) steigen. Dies bedeutet, dass der Bedarf an Speicherteichen bis 2050 auf 737 bis 933 steigen wird. In der Masterarbeit von Herrn Mimm wurden 2018 die Kunstschneeanlagen als Stromspeicher in Tirol untersucht. Die Berechnung hat ergeben, dass sich rund 60% der Beschneiungsteiche für die Pumpspeicherung eignen würden. Dafür müssten technische Anpassungen (wie Änderungen der Rohrdurchmesser, Errichtung von Unterbecken etc.) unternommen werden. 20% der Teiche eignen sich aufgrund eines vorhandenen Gegenspeichers bereits jetzt für eine Sekundärnutzung. Diese Annahmen wurden für die Berechnung in der Tabelle herangezogen. Wie viel Energie produziert werden kann, hängt auch von der Berechnung und Herangehensweise der jeweiligen Studien ab. In der Studie des Landes Salzburg von Kraml wurde versucht, die Speicherseen auf ein Optimum der Stromspeicherung auszubauen. So könnten aktuell in Österreich je nach Anpassung zwischen 2,77 bis 8,33 TWh Strom pro Jahr produziert werden. In der Tiroler Studie wurden die bestehenden Anlagen betrachtet und versucht, mit möglichst geringen Maßnahmen eine Pumpspeicherung zu gewährleisten. Daher liegen die Ergebnisse der Jahresproduktion zwischen 0,03 und 0,1 TWh Strom. Ausschlaggebend für den großen Unterschied beider Studien sind die angenommenen Rohrdurchmesser. Bei der Studie in Salzburg wurde für die Berechnungen ein Rohrdurchmesser von 900 Millimetern und in Tirol maximal 500 Millimeter angenommen. Durch die geringen Rohrdurchmesser steigen die Leitungsverluste und somit sinkt die mögliche Turbinenleistung drastisch. Hinzu kommt die unterschiedliche Speichervolumennutzung. Kraml geht davon aus, dass zwei Drittel des Speichervolumens genutzt werden können, Mimm hingegen von 10%. Diese unterschiedlichen Herangehensweisen schlagen sich auf die Leistung und das Jahresarbeitsvermögen nieder. Österreichs Pumpspeicherkapazität liegt derzeit bei 4,8 GW. Laut Branchenschätzungen werden wir bis 2030 rund 7,8 GW Pumpspeicherkapazitäten benötigt, um die von Österreich gesteckten Klima- und Energieziele zu erreichen. Wie die Hochrechnung gezeigt hat, kann dieser zusätzliche Bedarf von 3 GW an Pumpspeicher unter optimalen Bedingungen durch die Sekundärnutzung der vorhandenen Beschneiungsteiche gedeckt werden. Dass die benötigte Infrastruktur bereits weitgehend vorhanden ist, ist von großem Vorteil. 

Fazit 

Es gibt hunderte künstliche Seen, welche für die Kunstschnee- Erzeugung genutzt werden und die wesentliche Infrastruktur zur Stromgewinnung in ihrer Nähe haben. So bergen die vorhandenen Teiche und Stromleitungen großes Potenzial zum Bau von Kleinwasserkraftwerken. Die Kosten und damit die Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen variieren stark je nach den örtlichen Gegebenheiten und der zukünftigen Strompreise, doch grundsätzlich gilt: Je größer die Speicheranlagen, desto besser. Die Anlagenkomponenten für eine energetische Nutzung der Speicherteiche sind zum größten Teil zwar vorhanden, dennoch dürfen die zu leistenden Investitionskosten nicht unterschätzt werden. Hinzu kommt ein großer und tendenziell langwieriger Bewilligungsaufwand. Geklärt werden muss auch, wie viel des Speichervolumens für die Stromproduktion genutzt werden kann und wie viel an Restwasser und Wasser für die Kunstschneeproduktion und für andere Nutzungen bereitgestellt werden muss. Zusätzlich spielen die Betriebsdauer und der angenommene Rohrdurchmesser der Leitungen eine große Rolle. Ebenfalls sind mehrere Pilotprojekte, wie das Beschneiungs- E-Werk Riesneralm (502 kW EPL) wünschenswert. Neben den Einkünften aus dem Liftbetrieb und der Gastronomie kann die Stromproduktion als dritte Einnahmequelle dienen. Bilanziell würde sich das für die Skitourismusregionen lohnen. Denn auch im Sommer, wenn die Skikanonen nicht laufen, ist der Speichersee trotzdem vorhanden und kann zur Stromerzeugung genutzt werden. Zusätzlich können mit der Stromgewinnung aus den Speicherteichen Skigebiete sowohl ihre Umweltbilanz als auch ihre Energieautarkie verbessern.

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