Gleich nach dem Kauf der Wasserkraftanlage eines lokalen Betreibers, startete die Planungsphase für die technische und ökologische Revitalisierung des Kleinwasserkraftwerks. Die im Jahre 1886 errichtete Anlage entsprach nicht mehr dem Stand der Technik und bedurfte einer Erneuerung. Wie für ältere Anlagen typisch, war die Ausbauwassermenge relativ gering und wurde im Zuge des Umbaus von 2,4 m³/s auf 2,75 m³/s angehoben. Ein wesentlicher Teil der Revitalisierung war die Verrohrung des rund 360 Meter langen Werkskanals, wodurch die Fallhöhe von knapp 4,5 Meter auf über 7 Meter erhöht werden konnte. Dazu kam natürlich auch eine umfassende ökologische Revitalisierung mit horizontaler Feinrechenanlage, Fischauf- und -abstieg sowie einer Restwasserdotation von 220 l/s beziehungsweise einen dynamischen Anteil von 20%.
Herausforderung Naturschutz und Gewässerökologie
Die Anlage im Kleinen Yspertal liegt im Landschaftsschutzgebiet „Strudengau und Umgebung“ und im Europaschutzgebiet – NATURA 2000 „Strudengau-Nibelungengau“. Dieser Umstand machte vor allem die naturschutzfachliche Bewilligung sehr umfangreich. Nicht weniger als 16 Lebensraumtypen und ebenso viele signifikante Tierarten (darunter 9 Fischarten) mussten berücksichtigt werden.
Das Kraftwerk liegt zudem in einer geschützten Gewässerstrecke des Niederösterreichischen wasserwirtschaftlichen Regionalprogramms 2016 zum Erhalt von wertvollen Gewässerstrecken, mit der ausgewählte Strecken vor einer ökologischen Verschlechterung zu schützen sind. Die Ysper ist in Kategorie „blau“ ausgewiesen, in der Bewilligungen für neue Wasserkraftanlagen generell nicht zulässig sind. Bei diesem Projekt handelt es sich allerdings nach der sehr klar formulierten Verordnung um keinen Neubau.
Da die bereits bestehende Wasserkraftwerksanlage mit aufrechter Bewilligung revitalisiert wurde und gleichzeitig die Gewässerökologie verbessert wurde, war der Projektbeginn kein Problem. Die Bezirkshauptmannschaft Melk erteilte nach einer NVP die naturschutzbehördliche Bewilligung für die Revitalisierung der Anlage und die Errichtung einer Fischaufstiegshilfe. Weitere ökologische Maßnahmen waren unter anderem, dass keinerlei fremde Stoffe (Öle, Schmiermittel, Abwässer) in die Umwelt gelangen dürfen, die betroffenen Flächen rekultiviert und begrünt werden müssen und die gesamten Baumaßnahmen natur- und umweltverträglich ablaufen müssen.
Nach der Revitalisierung
Mit einem Ausbaudurchfluss von 2,75 m³/s und einer Bruttofallhöhe von 7,15 m erreicht die Kraftwerksanlage eine Engpassleistung von 151 kW, was einer Steigerung um über 100 kW entspricht. Die Anlage produziert damit künftig ca. 700.000 kWh pro Jahr sauberen Ökostrom, welcher vollständig ins öffentliche Netz eingespeist wird. Damit können etwa 175 Haushalte versorgt oder ein Elektroauto ca. 3,4 Millionen Kilometer pro Jahr gefahren werden.
Neu ist nicht gleich neu
Im Dezember 2019 ging das Wasserkraftwerk in Probebetrieb. Bis auf die Wehranlage, die saniert wurde, um die technische Stabilität zu garantieren, wurden alle wesentlichen Anlagenteile erneuert. Entsprechend der aktuellen Definition im Ökostromgesetz handelt es sich damit beim nun revitalisierten Kraftwerk um eine Neuanlage. Genau solche Anlagen mit umfassenden Revitalisierungen sind es auch, die von manchen NGOs gerne als „Wahnsinnsprojekt“ bezeichnet werden. Revitalisierungen wie diese zeigen auch auf, dass durch die Investition in Kleinwasserkraft von privater Hand viel Geld in die Sanierung unserer Gewässer gesteckt wird.