Wasserkraftnutzung wird im Bereich der Ramsbachwehr schon seit dem 17. Jahrhundert nachgewiesen. Die seit über 100 Jahren bestehende Anlage war im Wohn– und Betriebsgebäude eines Sägewerkes untergebracht – der Mühlbach floss also unter dem Haus durch. Die Forderung der Behörde nach Vergrößerung des Fischaufstieges, um die Durchgängigkeit für den Huchen zu gewährleisten, stellte den Betreiber der Anlage jedoch vor eine unüberwindbare Herausforderung. Eine solche Investition hätte das bestehende Ausleitungskraftwerk völlig unwirtschaftlich gemacht. Die Investition für diese neue Fischaufstiegshilfe war also nicht tragbar. Erschwerend kam auch noch die permanente Hochwassergefahr hinzu. Aus diesen Gründen wollte der Betreiber das Wasserrecht zurücklegen. Dies hätte jedoch möglicherweise dazu geführt, dass der Mühlbach durch Amstetten nicht mehr ausreichend dotiert wird.
Rettung des Mühlbachs
Ein wesentlicher Beweggrund für den Bau einer neuen Wasserkraftanlage am Standort war somit das Interesse der Stadt Amstetten am Mühlbach, der durch das gesamte Stadtgebiet fließt. Darin wurde zwischenzeitlich auch das Vorkommen der gemeinen Flussmuschel (Unio crassus) entdeckt, einer geschützten Art, die im Anhang der Fauna-Flora-Habitat Richtlinie geführt wird. Bei der alten Wehranlage wurde bis zur mittleren Wassermenge von 2100 Liter pro Sekunde fast das gesamte Wasser aus der Url über den Mühlbach ausgeleitet und in einer Kleinwasserkraftanlage genutzt. Dabei konnte, bedingt durch die begrenzte Wassermenge und die geringe Fallhöhe, nur wenig Energie gewonnen werden. Außerdem führte die Ausleitung dazu, dass die Url unterhalb der Wehranlage in Trockenzeiten nur sehr wenig Wasser führte. Aus dieser Ausgangslage heraus haben sich die Stadtwerke Amstetten dazu entschlossen, das Kraftwerk zu übernehmen und entsprechend zu revitalisieren.
Vierfacher Stromertrag
Der Altbestand der Wehranlage mit einer festen Wehrkrone wurde zum Teil abgetragen und eine Federwehr mit 40 cm aufgesetzt. Das alte Stauziel mit 276,75 m.ü.A blieb dennoch gleich. Rechtsufrig wurde zusätzlich ein Grundablass mit einer lichten Weite von zwei Metern errichtet. Über einen AUMA-Antrieb kann der Grundablass gesteuert werden. Im Hochwasserfall können dadurch ca. 25 m³/s abgeführt werden. Mit diesen beiden Maßnahmen wurde die Hochwasserabfuhr wesentlich verbessert.Die Energiegewinnung erfolgt nunmehr durch eine moderne Wasserkraftschnecke System Rehart/Strasser. Da somit ein Großteil der Wassermenge und die gesamte Fallhöhe von fünf Metern genutzt werden können, kann mit der Wasserkraftschnecke etwa die vierfache Menge des bisherigen Stromertrages gewonnen werden. Bei einer Engpassleistung von 103 kW beträgt die durchschnittliche Jahresproduktion somit 500-600 Megawattstunden.

Höchste ökologische Ansprüche
Durch eine flexibel gesteuerte Dotationsanlage wird eine Mindestwassermenge in den Mühlbach abgegeben. Damit kann das Vorkommen der gemeinen Flussmuschel im Mühlbach geschützt und das wertvolle Ökosystem Mühlbach auf Dauer erhalten werden. Durch die EU-Wasserrahmenrichtlinie wurde darüber hinaus ein Fischaufstieg vorgeschrieben, der auch vom bis zu einen Meter langen Huchen, der in diesem Flussabschnitt historisch belegt ist, bewältigt werden kann. Dieser wurde als Fischaufstiegsschnecke ausgeführt. Das Frühjahrsmonitoring hat an 47 Tagen insgesamt 830 Fischaufstiege über die Fischaufstiegsschnecke nachgewiesen. Im Herbst konnten an 25 Tagen insgesamt 379 Fische gemessen werden, wobei anzumerken ist, dass die Wasserkraftschnecke nicht in Betrieb und die Wasserführung sehr schlecht war. Es waren unter anderem Barben mit über 60 cm Länge unter den aufsteigenden Fischen. Gemeinsam mit dem 2017 erneuerten Mündungsbereich der Url in die Ybbs können die Fische nun ungehindert bis zum Oberlauf des Flusses aufsteigen, wo sie auch ihre Laichplätze finden.Heute erstrahlt die alte Ramsbachwehr in neuem Glanz. Die Stadtwerke Amstetten zeigen mit dem Projekt vor, wie sich trotz enormer Herausforderungen höchste Effizienz bei gleichzeitiger Verbesserung der Ökologie erreichen lässt. Die Projektierung war aufgrund der rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen eine besondere Herausforderung. Stadtwerke-Direktor Ing. Robert Simmer meint dazu: „Dieses Bauwerk verbindet eine wesentliche ökologische Verbesserung des Fluss-Systems mit einer modernen Stromerzeugung aus Wasserkraft.“
