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Erneuerbaren-Potenzial in ländlichen Gebieten der EU

Der europäische „Green Deal“ zielt darauf ab, Europa bis zum Jahr 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Teil davon ist insbesondere das „Fit for 55“ Paket: Dieses umfasst eine Reihe von Vorschlägen zur Überarbeitung und Aktualisierung der EU-Rechtsvorschriften, mit dem Ziel, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55% zu senken. Dafür soll der Energiemix zu mindestens 42,5% (angepeilt werden sollen 45%) aus Erneuerbaren bestehen – der weitere Ausbau ist daher ein wesentlicher Bestandteil für eine lebenswerte Zukunft.

Ländliche Gebiete profitieren

Die Studie beschränkt sich auf das Potenzial in ländlichen Gebieten. Um zu einer Klassifizierung zu gelangen, welche geografischen Gebiete als ländlich gelten – und welche als Großstadt und Stadt bzw. stadtnah – werden zunächst Zellen von je einem Quadratkilometer Größe definiert. Als Großstadt gilt eine Zelle bei mehr als 50.000 Einwohner*innen, als Stadt bzw. stadtnah bei zumindest 5.000 Einwohner*innen. Alles darunter gilt als ländlich.

Insbesondere in ländlichen Gebieten bringt der Ausbau der Erneuerbaren zusätzliche Vorteile mit sich. Unter anderem werden so „Green Jobs“ (ein Sammelbegriff für Arbeitsplätze im Umweltsektor) in Regionen geschaffen, in denen die Beschäftigungsmöglichkeiten – vor allem im Vergleich zu Ballungsräumen – geringer sind. Darüber hinaus können Energiegemeinschaften gegründet werden, in denen Strom erzeugt und geteilt werden kann. Deren Hauptzweck liegt nicht in der Erzielung finanzieller Gewinne, sondern der Erbringung ökologischer, wirtschaftlicher oder sozialer Vorteile für ihre Mitglieder oder für die lokalen Gebiete, in denen sie tätig sind.

2022 wurde zudem die Initiative „Rural Energy Community- Advisory Hub“ gegründet, deren Ziel es ist, die Entwicklung nachhaltiger Energiegemeinschaftsprojekte in ländlichen Gebieten Europas zu unterstützen und zu fördern.

Wasserkraft

Europaweit gibt es installierte Wasserkraft-Kapazitäten von etwa 150 GW – dadurch werden jährlich etwa 350 TWh Energie gewonnen, was 14,6% des europäischen Strombedarfs entspricht. Der Großteil (~75%) der bestehenden Wasserkraftwerke befindet sich dabei im ländlichen Raum. Um die Energie- und Klimaziele der EU zu erreichen, müssen die Erneuerbaren weiter ausgebaut werden. In der Studie wird darauf hingewiesen, dass die Wasserrahmenrichtlinie und die Vogel- und Habitatschutz-Richtlinie aufgrund ökologischer Einflüsse neuer Wasserkraftwerke der Revitalisierung existierender Kraftwerke sowie der Nutzung bereits bestehender Querbauwerke den Vorrang geben. Grundsätzlich ist in diesem Kontext aber anzumerken, dass Studien wie jene am Südtiroler Saldurbach zeigen, dass die Kleinwasserkraft und der gute ökologische Gewässerzustand vereinbar sind, und durch Investitionen in Fischwanderhilfen und andere Maßnahmen auch die Fischwanderung gewährleistet ist.

Dam and public Hydroelectric power station on the small and wild mountain river Feistritzbach in the Alps of Austria

Aufgrund der in den Dokumenten der EU angeführten Bedenken werden in der Studie zu ländlichen Potenzialen drei Strategien abseits vom Neubau von Kraftwerken betrachtet: die Modernisierung bestehender Kraftwerke, der Zusammenschluss von Floating Photovoltaik Systems (FPV) mit Wasserreservoirs, sowie die Integration von Kleinkraftwerken in bereits bestehende Strukturen wie Kläranlagen oder Wasserverteilungsnetze.

Modernisierung bestehender Kraftwerke

Die durchschnittliche Wasserkraftanlage in Europa ist 42 Jahre alt, schätzungsweise 20% aller Anlagen wurden seit ihrer Errichtung bereits modernisiert. Für weitere Modernisierungen gibt es verschiedene Strategien:

  • Digitalisierung des Betriebs (Effizienzsteigerung von 1%, bei Speicherkraftwerken zusätzlich 2%)
  • Nutzung der hinter dem Saugrohr verschwendeten Energie durch hydrokinetische Turbinen, sowie Nutzung der Generatorwärme
  • Austausch der elektromechanischen Ausrüstung (Erhöhung um 4-6% je nach Konfiguration und Turbinentyp)
  • Nachrüstung von Wasserläufen und Druckrohrleitungen mit einer zusätzlichen Energieerzeugung von 5% in Wasserkraftwerken mit Stausee

Insgesamt wird EU-weit durch die Modernisierung von Wasserkraftanlagen eine Steigerung der Energieerzeugung um 12% bzw. 47 TWh erwartet. Zum Vergleich: der Strombedarf Österreichs lag 2022 bei etwa 63 TWh. 75% des Modernisierungspotenzials entfällt auf Wasserkraftwerke im ländlichen Raum.

Floating Photovoltaik Systems

Eine weitere, dem Wasserkraftsektor zugeordnete Möglichkeit des Erneuerbaren-Ausbaus ist die Installation von PV-Paneelen auf Wasseroberflächen, beispielsweise bei Speicherteichen. Durch die Nähe zum Wasser entsteht ein Kühlungseffekt, der die Effizienz der PV-Anlagen um bis zu 5% steigern kann, gleichzeitig wird durch die Beschattung der PV-Paneele die Verdunstung des Wassers reduziert, so dass insgesamt mehr Wasser zur Verfügung steht. Würden 10% der EU-weit identifizierten, möglichen Flächen dafür genutzt werden, könnten 82 TWh Strom pro Jahr gewonnen werden. 30 TWh (36%) davon würden in ländlichen Gebieten produziert werden.

Wasserkraftintegration in bestehende Strukturen

Bei bestehenden Strukturen kann zwischen Versorgungsstrukturen wie beispielsweise Kläranlagen und Querbauwerken (beispielsweise für den Hochwasserschutz) unterschieden werden. Bei den Versorgungsstrukturen wird von einem Potenzial von 0,09 – 1,5 TWh ausgegangen, wovon ein Viertel in ländlichen Gebieten identifiziert wurde. Hinsichtlich bereits bestehender Querbauwerke wurde im Rahmen des Restor Hydro Projects mehr als 65.000 alte, ehemals hydraulisch genutzte Bauwerke identifiziert, die meisten davon (29.000) sind alte Wassermühlen. Würden diese wiederbelebt bzw. revitalisiert, könnten jährlich 3,3 TWh Strom erzeugt werden. 70% dieser Bauwerke befinden sich in ländlichen Gebieten. Die Länder mit dem größten, ländlich gelegenen Potenzial sind Frankreich (940 GWh/Jahr), Österreich (237 GWh/Jahr) und Deutschland (230 GWh/Jahr).

Fazit zur Wasserkraft

Würde man alle genannten Strategien zur Nutzung der Wasserkraftpotenziale zur Gänze verfolgen, könnte man bis zu 133 TWh Strom pro Jahr zusätzlich erschließen. Der größte Teil davon stellt die Nutzung von Floating Photovoltaik Systems dar (61%). 35% könnte durch Modernisierung verwirklicht werden, und die restlichen 4% durch die Nutzung von bereits bestehenden Mühlen bzw. Querbauwerken. Ländliche Gebiete weisen in jeder Kategorie die jeweils größten Potenziale auf.

Solar und Wind

Neben dem Wasserkraftpotenzial wurden auch die ländlichen Potenziale für Wind- und Solarenergie erhoben. Hinsichtlich der Solarenergie wurde ein Potenzial von jährlich 11.100 TWh festgestellt – dafür müssten 2,4% der Landfläche der EU (das entspricht 78.500 km2 – etwa die Fläche Tschechiens) mit PV-Modulen bestückt werden. Ländliche Gebiete würden dabei 78% des Gesamtpotenzials abdecken. Der Großteil davon ist der Freiflächen-PV zuzuordnen. 2,8% der Landfläche der EU würden sich für weitere Windkraftanlagen eignen. 84% des Windpotenzials findet sich in ländlichen Gebieten. Insgesamt könnten 530 GW Windenergie zugebaut werden, was einer jährlichen Strommenge von 1.400 TWh entspricht. 80% dieses Potenzials liegt im ländlichen Raum.

Fazit

Insgesamt werden in der EU 975 TWh Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugt, davon 72% in ländlichen Gebieten. Das ungenutzte – realistische – Potenzial der Erneuerbaren liegt bei mindestens 12.500 TWh pro Jahr, wobei 11.000 TWh aus der Solarenergie kommen könnte, 1.400 TWh aus der Windkraft und 130 TWh aus der Wasserkraft. Gemeinsam mit bereits bestehenden Erneuerbaren- Anlagen könnten mehr als 13.000 TWh Energie pro Jahr gewonnen werden – mehr als der komplette Energieverbrauch der EU im Jahr 2021. Nicht eingerechnet sind dabei PV-Anlagen auf Agrarflächen, Offshore- Windparks, neue Wasserkraftwerke und andere Technologien, wodurch das tatsächlich erreichbare Potenzial noch höher liegt.78% des in der Studie berechneten Potenzials an Erneuerbaren Energien entfallen auf den ländlichen Raum. Der ländliche Raum ist und bleibt damit ein wichtiger Akteur beim Umbau unseres Energiesystems, eine Rolle, die in Zukunft noch gestärkt werden kann, da alle Staaten zunehmend gefordert sind, ihren Beitrag zur Energiewende zu leisten.

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