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Die Kleinwasserkraft und der sehr gute ökologische Gewässerzustand 

„Unsere Daten zeigen keinen Einfluss des Kraftwerks auf die Gewässerökologie.“  

Diese Aussage stammt nicht etwa von einem Wasserkraftbetreiber, sondern von einem Wissenschaftler. Der Biologe Alberto Scotti bezog sich dabei auf ein Kleinwasserkraftwerk am Südtiroler Saldurbach, das außerhalb des Fischlebensraumes errichtet wurde. Dort wurden ab 2009 monatlich Untersuchungen von Makroinvertebraten (wirbellose Tiere von ca. 1mm Größe) durchgeführt. Im Jahr 2015 wurde ein Wasserkraftwerk errichtet. Daten, die bis zum Jahr 2019 reichen, zeigen keine auf das Kraftwerk zurückzuführende Veränderung bei den Organismen. Bei ausreichend Restwasser nehmen Makroinvertebraten keinen Schaden. Zwar wäre die Ausgangslage bei Bächen mit Fischen eine etwas andere, rein gewässerökologisch ist jedoch festzuhalten, dass diese Studie keine Veränderungen durch das Kleinwasserkraftwerk feststellt. Insbesondere durch die Betrachtung der Makroinvertebraten kommt dies deutlich zum Vorschein, da diese kleinen Flussbewohner rasch auf Veränderungen reagieren. 

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch ein Forschungsteam der Universität für Bodenkultur Wien, wenngleich man dort etwas vorsichtiger in der Interpretation ist. Die ÖkoReSch-Vorstudie zu Restwasser im Hochgebirge erhob die Qualitätskomponente Makrozoobenthos. In Summe wurden an Gletscherbächen (n=292) und Quellbächen (n=446) der Vergleich von unbeeinflusster Vollwasserstrecke und Restwasserstrecke angestellt. Dabei war in der Restwasserstrecke die Anzahl der Taxa praktisch unverändert, tendenziell sogar höher. Jedenfalls war keine Verschlechterung feststellbar. Diese Erkenntnisse sind keineswegs ein Aufruf zum ungezügelten Ausbau. Aber sie zeigen eines sehr deutlich: Moderne Anlagen am Stand der Technik, die ökologische Grundlagen berücksichtigen, gefährden unsere Gewässer deutlich weniger als es oft dargestellt wird 

Die Erkenntnisse im Licht des Weser-Urteils und der momentanen Gesetzeslage 

Das sogenannte “Weser-Urteil” des europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2015 ist im Hinblick auf den Bau von Kleinwasserkraftwerken unter diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen wohl zu überdenken. Konkret sagt das Urteil aus, dass, wenn ein Vorhaben “eine Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers verursachen kann oder wenn es die Erreichung eines guten Zustands eines Oberflächengewässers bzw. eines guten ökologischen Potenzials und eines guten chemischen Zustands eines Oberflächengewässers (…) gefährdet” nicht zu genehmigen ist. 

Auch in den nationalen Gesetzgebungen spielt der Einfluss von Kleinwasserkraftwerken auf die Gewässerökologie eine Rolle, beispielsweise im österreichischen Wasserrechtsgesetz (WRG) oder dem deutschen Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG), um nur einige zu nennen.  

Im Hinblick auf die vorgestellten Erkenntnisse kann man also folgendes festhalten: Wissenschaftlich gesehen ist eine Verschlechterung der Gewässerökologie durch den Neubau von Kleinwasserkraftwerken, gemessen anhand von Makroinvertebraten im Gebirge, nicht verifizierbar. Zwar sind diese Ergebnisse nicht auf die etwas unterschiedlichen Gegebenheiten im Tiefland 1:1 umlegbar, sie zeigen aber deutlich, dass der Umfang und die Intensität von Genehmigungsverfahren deutlich reduziert werden könnten. Dies würde vor allem den Anreiz erhöhen, derartige Projekte zu planen und durchzuführen und dadurch zu einer grüneren Zukunft beitragen. 

Es stellt sich daher die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Regelungen, wenn grundsätzlich ohnehin nicht von einer Verschlechterung der Gewässerökologie auszugehen ist. 

Hoffnungsschimmer Notverordnung? 

Wie bereits erwähnt, ist es fraglich, ob oder wann diese wissenschaftlichen Daten Einzug in die politischen Entscheidungsfindungen und damit auch Genehmigungsverfahren halten werden.  
Die EU-Notverordnung (die noch in nationales Recht umgesetzt werden muss) lässt zumindest teilweise auf verbesserte Verfahren hoffen: Im Rahmen dessen sollen sogenannten Go-To-Areas definiert werden, innerhalb derer Genehmigungsverfahren nur wenige Wochen dauern dürfen. Wann genau man mit derartigen Verfahren rechnen kann, ist allerdings noch offen.  

Wünschenswert ist, dass beide Ansätze, sowohl die wissenschaftlichen Erkenntnisse des geringen Einflusses von Kleinwasserkraftwerken auf die Gewässerökologie als auch die Go-To-Areas, möglichst rasch in die Tat umgesetzt werden. 

Fazit 

Es gibt durchaus noch Potenzial für den Neubau von Kleinwasserkraftanlagen in Gewässerstrecken, in denen sie – richtig geplant und betrieben – de facto keinen Einfluss auf die Gewässerökologie haben, jedoch „de jure“ als Verschlechterung gelten und damit einen Kriterienkatalog erfüllen müssen, der unter völlig anderen Grundvoraussetzungen geschrieben wurde. Dieser Umstand ließe sich mit einer Novelle schnell lösen. Die Dringlichkeit muss angesichts des russischen Krieges gegen die Ukraine und der immer dramatischeren, menschengemachten Klimakrise wohl nicht betont werden. 

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