Mikroplastik, Arzneimittel, Hormone, Pestizide und Co
Das Wasser ist eines unserer wertvollsten Schätze. Als Lebensgrundlage für Mensch und Tier ist es Ressource und Lebensraum zugleich. Oft vergessen wir jedoch, wie sensibel unsere Gewässer eigentlich sind. Vielleicht gerade wegen der hohen Trinkwasserqualität vergessen wir oft, wie sensibel unsere Gewässer eigentlich sind. Auch wenn sich deren Zustand dank eines guten Abwassersystems sehr verbessert hat, sind eine Vielzahl an Schadstoffen noch immer eine große Gefahr.
Plastikwahn
Die Belastung durch Plastik und Mikroplastik (Partikel kleiner als 5mm) ist mittlerweile ein bekanntes Problem. Müllinseln im Meer, Kinder, die zwischen Plastikbergen spielen und Tiere, die durch Fischernetze und Strohhalme sterben, sind prägende Bilder unserer Medien. Nicht umsonst erfreuen sich Gegenbewegungen wie das „Zero-Waste“ Movement großer Beliebtheit. Wie gelangen diese Mengen an Plastik in die Gewässer? Kunststoffpartikel können auf unterschiedlichste Weise in unsere Umwelt gelangen und damit in unsere Oberflächengewässer. Der Müll, welcher achtlos weggeworfen wird, der Abrieb von Fahrzeugreifen und die Reste von Folien bei Baustellen, sind alles Beispiele für Kunststoffe, die mit dem Regenwasser in unsere Kanäle gespült werden. Auch die besten Kläranlagen sind noch nicht in der Lage, feinste Plastikpartikel zu filtern, und so gelangt vieles davon in die Flüsse.
Auch das Wäschewaschen trägt einen wesentlichen Teil zur Verunreinigung bei, denn synthetische Stoffe, wie zum Beispiel Polyester, geben kleinste Stofffasern ins Wasser ab, sofern man nicht mit einem mikroplastikfilternden Beutel wäscht. Ein weiteres Problem stellen auch diverse Kosmetika (Duschgels, Peelings, etc.) in Haushalten dar, welche als Füllstoff oder Bindemittel Mikroplastik verwenden, die dann einfach in der Dusche oder im Waschbecken weggespült werden. Im industriellen Kunststoff befinden sich oft schädliche Weichmacher, um diesen biegsam und dehnbar zu machen. Die am häufigsten eingesetzten Weichmacher gehören zu den Phthalaten und lösen laut einer Risikobewertung der EU-Kommission Krebs und Unfruchtbarkeit aus. Eine weitere Untergruppe sind die DEHP-Weichmacher, die in den Hormonhaushalt eingreifen können und unter anderem Niere und Leber angreifen. Man sieht also, dass die Verschmutzung der Gewässer durch (Mikro)Plastik fast allgegenwärtig ist und das Ausmaß, sowie die Langzeitfolgen fast nicht abschätzbar sind. Fische und andere Flussbewohner nehmen diese Partikel auf und geben sie über die Nahrungskette weiter. Studien zufolge verzehrt der Mensch bereits jetzt schon wöchentlich eine ganze Kreditkarte an Plastik.
Pestizid- und Medikamentensuppe
Plastik ist aber nur ein Teil des Problems. Auch andere schädliche Stoffe, Medikamente und Chemikalien gelangen in unsere Gewässer, etwa durch die Landwirtschaft. Ihre Konzentration im Gewässer ist nicht immer bedenkenlos. So hat Greenpeace im November 2018 in einer Studie die Auswirkungen der Landwirtschaft auf europäische Flüsse erhoben und in insgesamt zehn EU-Ländern 29 Flüsse, Bäche und Kanäle auf Schadstoffe untersucht. Auch der österreichische Schwarzaubach, die Stiefing und der Sipbach waren Teil dieser Tests, da in diesen Gegenden der Schweinebestand österreichweit am höchsten ist. Alle drei Proben enthielten insgesamt 9 verschiedene Tierarzneimittel, zwei davon waren Antibiotika. Das steigert die Gefahr an Resistenzen und multiresistenten Keimen, welche eines der dringendsten Probleme laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) darstellen. Doch nicht nur der Landwirtschaftssektor ist für die Einbringung solcher Stoffe in die Gewässer verantwortlich.
Weiters fand man in den österreichischen Proben zwischen 20 und 38 verschiedene Pestizide, wovon 12 mittlerweile EU-weit verboten sind. Bestimmte Wirkstoffe davon haben den als sicher geltenden Grenzwert längst überschritten. Die gemessene Anzahl an Pestiziden in der Stiefing ist sogar der dritthöchste gemessene Wert Europas und sollte eindeutig unsere Alarmglocken schrillen lassen. Auch ermöglichten Schweizer Forscher erstmalig den Nachweis von Pyrethroid- und Organophosphat-Insektiziden, welche schon in geringen Konzentrationen ein sehr hohes Risiko für Gewässerorganismen bergen. Global 2000 fand zusätzlich in heimischen Gewässern sogar bis zu 60 verschiedene Pestizide, davon gelten 15 als hormonverändernde Substanzen. Diese Chemikalien stehen in Verdacht, für Missbildungen bei Fischen und Amphibien verantwortlich zu sein und sind auch in herkömmlichen Kosmetikprodukten zu finden. Viele unserer Medikamente können im menschlichen Körper nicht abgebaut werden, sondern werden mit dem Urin wieder ausgeschieden und landen dann letztendlich in heimischen Gewässern. Das gilt auch für Hormonpräparate, wie die Anti-Baby-Pille. Der Körper gibt sie ab und sie landen in unseren Abwässern. All diese hormonaktiven Umweltgifte tragen Schuld am sogenannten Verweiblichungseffekt bei männlichen Fischen. Die Hormone wirken wie das weibliche Sexualhormon Östrogen und veranlassen vor allem bei jungen männlichen Fischen eine Ausbildung weiblicher Geschlechtsmerkmale. Welche Auswirkungen dies auf die Fischbestände haben wird, lässt sich noch nicht abschließend beantworten.
Cocktailwirkung
Die einzelnen Schadstoffe sind, wenn sie innerhalb der Toleranzwerte liegen, an sich nicht ein so großes Problem. Sobald es jedoch zu einem sogenannten Chemikalien-Cocktail kommt, (wie es bei uns durch unseren Lebensstil meistens der Fall ist), sind auch schon geringere Konzentrationen gefährlich. Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen leiden massiv unter der Mischung aus verschiedensten Pestiziden, Arzneimitteln, Weichmachern und Schwermetallen und wir in weiterer Folge ebenfalls. Österreichische Gewässer schneiden im Vergleich zu jenen anderer europäischer Länder gut ab. Dennoch sind auch diese Belastungen nicht aus den Augen zu verlieren, wenn es um die Diskussion des Zustandes unserer Gewässer geht und darum, welche Maßnahmen für einen Erhalt der Gewässerökologie erforderlich und nachhaltig zielführend sind.
Fazit
Die Belastungen unserer Gewässer sind – leider – vielfältig. Während die Kleinwasserkraft größere Verschmutzungen wie z.B. Plastikflaschen etc. im Rechen fängt und somit unsere Gewässer ein Stück weit sauberer macht, ist sie gegen die mikroskopisch kleinen Schadstoffe, die jedoch einen ebenso negativen Einfluss haben, machtlos. Ebenso ist es problematisch, dass die durch diese Stoffe hervorgerufenen Gewässerbelastungen oftmals der Kleinwasserkraft zugeschrieben werden, beispielsweise aufgrund des Fischsterbens oder auch des allgemeinen Gewässerzustandes.
Um dieser vielschichtigen Problematik zukünftig besser begegnen zu können, braucht es eine Reihe an Maßnahmen: Um die Plastikflut zu bekämpfen, ist vor allem ein Umstieg auf alternative Verpackungen sinnvoll. Bei Pestiziden sind unterem anderem strengere Gesetze was den Pestizideinsatz betrifft, wünschenswert. Bei der Medikamentenbelastung versprechen technologische Fortschritte bei der Wasser-Reinigung Besserung.