Wie Eis und Kälte das Ökosystem und die Wasserkraft herausfordern
Wenn die Temperaturen im Winter sinken, wird das Ökosystem eines Flusses einer harten Bewährungsprobe unterzogen. Fließgewässer, die sonst durch ihre Dynamik und Lebendigkeit geprägt sind, verlangsamen sich deutlich. Die kältere Luft sorgt dafür, dass die Temperatur des Flusses je nach Tiefe und Strömung sinkt. In besonders frostigen Regionen bildet sich an den Flussufern und stellenweise auch auf der Wasseroberfläche Eis, was die Fließgeschwindigkeit weiter reduziert und die Sauerstoffzufuhr limitiert. Diese Veränderungen setzen die biologischen Prozesse im Fluss erheblich herab und zwingen Flora und Fauna, sich anzupassen, um zu überleben. Die Kälte wirkt sich dabei nicht nur auf größere Fische und Säugetiere, sondern auf die gesamte aquatische Gemeinschaft aus. Wasserpflanzen und Algen, die in wärmeren Jahreszeiten viel Wachstum verzeichnen und eine wichtige Rolle in der Nahrungskette spielen, verringern ihre Aktivität auf ein Minimum.
Fische im Energiesparmodus
Im Winter reagieren Fische auf die Kälte mit einer bemerkenswerten Anpassung. Sie reduzieren ihre Aktivität drastisch, was darauf zurückzuführen ist, dass sie wechselwarme Tiere sind. Als solche können Fische ihre Körpertemperatur nicht selbst regulieren, stattdessen passt sich ihre Körpertemperatur an die Umgebung an. Sinkt die Wassertemperatur, verlangsamt sich ihr Stoffwechsel entsprechend, um Energie zu sparen. Das kalte Wasser hemmt ihre Verdauung und die Aufnahme von Nährstoffen, sodass die Fische sich nur noch träge bewegen und bevorzugt tiefere, stabilere Bereiche des Flusses aufsuchen, wo die Temperaturen milder sind (aufgrund der Anomalie des Wassers ist dieses bei 4 °Celsius am dichtesten und sinkt nach unten ab). Arten wie Forellen oder Barsche verharren oft nahe dem Grund oder in geschützten Nischen, um der Strömung zu entgehen und Energieverluste zu minimieren. Auch die Jagd auf Beute oder das Suchen nach Nahrung wird auf ein Minimum reduziert, da der Energiebedarf geringer ist und die Nahrungsquellen im Winter knapp werden. Dies macht die Fische jedoch auch anfällig für plötzliche äußere Störungen, wie etwa eine rasche Eisbildung, da es sie zwingt, den Energiesparmodus zu verlassen.
Verminderte Sauerstoffverfügbarkeit
Im Winter kann die Sauerstoffverfügbarkeit im Fluss stark abnehmen, was eine zusätzliche Herausforderung für die dort lebenden Fische darstellt. Wenn die Temperaturen sinken, wird die Wasserzirkulation langsamer, und der Sauerstoffeintrag aus der Luft verringert sich, vor allem wenn sich eine Eisschicht auf der Wasseroberfläche bildet. Diese Eisschicht blockiert den Austausch von Sauerstoff zwischen Luft und Wasser, sodass der Sauerstoffgehalt vor allem in tieferen Schichten stetig absinkt. Nachdem die Pflanzen im Wasser ebenfalls ihre Aktivität verlangsamen, wird auch die pflanzliche Produktion von Sauerstoff verringert. Fische, die auf eine ausreichende Sauerstoffversorgung angewiesen sind, können unter diesen Bedingungen in erheblichen Stress geraten. Besonders empfindliche Arten wie die Bachforelle oder die Äsche, welche einen hohen Sauerstoffbedarf haben, könnten durch die verminderten Sauerstoffwerte in Bedrängnis geraten. In Kombination mit ihrem ohnehin herabgesetzten Stoffwechsel als wechselwarme Tiere macht der Sauerstoffmangel das Überleben im Winter noch schwieriger und zwingt die Fische dazu, nach sauerstoffreicheren Bereichen zu suchen, die jedoch nicht immer verfügbar sind.
Das Problem der Eisbildung
Wie bereits erwähnt, verringert die Eisbildung die Sauerstoffverfügbarkeit in Flüssen. Dieser Prozess ist problematisch, da Flüsse und Bäche normalerweise auf die kontinuierliche Durchmischung des Wassers angewiesen sind, um den Sauerstoffgehalt aufrechtzuerhalten. Zusätzlich verändert das Eis die Dynamik des Flusses. In strömungsreichen Abschnitten können sich unter der Eisdecke gefährliche Eissperren oder sogenannte „Eisstopper“ bilden, die das Wasser aufstauen und dadurch den Lebensraum der Fische beeinträchtigen. Die Strömung unter dem Eis wird unberechenbar, was die Fische zwingt, sich in tiefere und ruhigere Bereiche zurückzuziehen, die möglicherweise nicht genügend Sauerstoff bieten. Das Eis schützt die Fische zwar vor Raubtieren und extremen Temperaturschwankungen, doch es erhöht auch das Risiko, dass die Sauerstoffreserven im Wasser langsam erschöpfen.
Die Rolle der Wasserkraft
Wasserkraftwerke können durch ihre regulierende Wirkung auf den Wasserfluss auch Einfluss auf die Eisbildung nehmen. Wenn die Temperaturen sinken, verhindert die ständige Bewegung des Wassers in den Stauräumen und durch die Turbinen, dass sich auf der Wasseroberfläche eine dicke Eisschicht bildet. Die kontrollierte Freisetzung von Wasser aus dem Staudamm sorgt für eine gleichmäßige Zirkulation, wodurch das Risiko von Eissperren oder stillstehenden Wasserbereichen verringert wird. Ein gut reguliertes Wasserkraftwerk kann somit die Fließgeschwindigkeit und -dynamik aufrechterhalten und so das Entstehen von Eis an kritischen Stellen verhindern. Diese ständige Bewegung hilft auch dabei, die Sauerstoffversorgung im Winter stabil zu halten und sorgt für die für viele Tiere lebenswichtige Durchmischung des Wassers. Dennoch ist eine feine Balance erforderlich – eine zu starke Wasserregulierung kann negative Auswirkungen, wie eine erhöhte Stressbelastung, Veränderung von Lebensräumen, verminderte Sauerstoffversorgung oder Eisbildung, auf die Tierwelt und die Gewässerstruktur haben. Ein optimiertes Management, das sowohl die natürlichen Bedürfnisse des Flusses, als auch die der dort lebenden Organismen berücksichtigt, ist daher entscheidend für den naturverträglichen Betrieb von Wasserkraftwerken in den Wintermonaten.