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Der modifizierte Denilpass

Entwicklung einer wassersparenden und betriebsfreundlichen Fischaufstiegshilfe

Entwicklung und hydraulische Erkenntnisse

Das primäre Ziel der Forschungsarbeiten bestand da­rin, Sohlsubstrat in den Fischpass zu integrieren, um auch die Wanderung von bodenorientierten Kleinfischen zu ermöglichen. Die Basis für die Entwicklungsarbeiten stellte dabei der Standard-Denil-Fischpass dar. Dieser wurde im hydraulischen Modellversuch untersucht. Da­rauf aufbauend wurden dann die Entwicklungsschrit­te zum neuen Bautyp gestartet. Aus zahlreichen Ver­suchsanordnungen etablierte sich ein Denilpass mit neuer Lamellengeometrie und T-förmiger Gabione (ein mit Steinen gefüllter Stahlkorb), in welcher das Sohl­substrat eingebracht wird. Durch die umfangreichen hydraulischen Untersuchungen war es, auf Basis von dreidimensionalen Messreihen, möglich, die Defizite des Standard-Denil-Fischpasses zu detektieren. So wurde festgestellt, dass bei diesem Bautyp in Bodennähe hohe vertikale, nach oben gerichtete Fließgeschwindigkeiten auftreten. Diese übertreffen dabei die Fließgeschwindigkeit in Haupt­stromrichtung um ein Vielfaches. Da Fische keine Mög­lichkeit haben, gegen Fließgeschwindigkeiten von unten anzuschwimmen, liefert dieser Aspekt ein gutes Erklä­rungsmodell für die schlechte Funktionalität gegenüber Kleinfischen. Es ist also davon auszugehen, dass Kleinfische, durch die hohe vertikale Fließgeschwindigkeit in Bodennähe, nach oben verdriften, und in der fließgeschwindigkeits­intensivierten oberflächennahen Zone aus dem System gespült werden. Der Modifizierte Denilpass wurde auf der Basis von über 140 Messkampagnen in Labor und Feld entwickelt und optimiert. Als Ergebnis konnten die hydraulischen Defizite des Standard-Denilpasses berei­nigt werden, sodass die Neuentwicklung vor allem eine deutlich verringerte turbulente kinetische Energie auf­weist.

Biotische Erkenntnisse

Aufgrund der guten hydraulischen Ergebnisse war es bereits 2017 möglich, eine Pilotanlage zu errichten und diese einem biotischen Monitoring zu unterziehen. Die Anlage wurde an der Raab, einem Fluss mittlerer Grö­ße in der Barbenregion (Epipotmal mittel) errichtet und konnte bereits die erfolgreiche Passage von 10 Fischar­ten belegen. Im Zuge dieses Monitorings war es auch erstmals möglich, die Wanderung von bodenorientier­ten Kleinfischen in einem Denil-Fischpass nachzuwei­sen.

An einer weiteren Pilotanlage am Hirschbach in der oberen Forellenregion (Epirhithral), wurden ein Beckenpass und ein Modifizierter Denil-Fischpass parallel errichtet. Beide Anlagen wurden einem vergleichenden Monitoringprogramm unterzogen, um die Größenselektivität des neu entwickelten Denil-Fischpasses gegenüber dem Beckenpass zu testen. Als Ergebnis konnte festgestellt werden, dass sich für den Modifizierten Denil-Fischpass keine Größenselektivität gegenüber dem Beckenpass ableiten lässt. An einer Pilotanlage an der Pinka, einem kleinen Fluss in der Barbenregion (Epipotmal mittel), wurde die Funktionalität für Kleinfische endgültig belegt. Im Untersuchungszeitraum von 57 Tagen konnten rund 9.300 Individuen den Denil-Fischpass passieren, wobei ein Drittel der protokollierten Individuen Körperlängen von weniger als 10 cm aufwiesen und der Großteil der Aufsteiger durch die bodenorientierte Kleinfischart Gründling repräsentiert wurde.

Bislang wurden 26 Anlagen errichtet, von 21 Anlagen liegen bereits biotische Funktionsnachweise vor. Dabei konnte in Summe der Aufstieg von 30 Arten aus 11 Fa­milien belegt werden.

Sämtliche Anlagen wurden in Anlehnung an die österreichische Richtlinie zur Funktionsüberprüfung von Fischaufstiegshilfen gemonitort und beurteilt. Dabei konnten weder qualitative noch quantitative Defizite in der Funktionsfähigkeit festgestellt werden.

Anordnungsvarianten Modifizierter Denil-Fischpässe mit Ruhebecken; (c) Seidl

Technische Auslegung

Der Modifizierte Denil-Fischpass wird mit einer Standardneigung von 20% errichtet. Die zu überwindende Höhendifferenz ist, auf Basis bisheriger Erkenntnisse, im Potamal mit 1 Höhenmeter, im Hyporhrithral mit 1,4 Höhenmeter und im Rhithral mit 1,5 Höhenmeter zu empfehlen. Einige Anlagen wurden auch mit einer Neigung von 30% und einer zu überwindenden Höhendifferenzen von bis zu 2 Höhenmetern umgesetzt. Zwischen den einzelnen Denilelementen ist die Anordnung von Ruhebecken erforderlich.

Die Dimensionierung erfolgt analog zu beckenartigen Fischaufstiegshilfen, wobei die lichte Lamellenaus­schnittweite der 3-fachen Fischbreite und die Wasser­tiefe im System der 2,5-fachen Fischhöhe des Bemes­sungsfisches entspricht. Dieser Bemessungsansatz wurde in videogestützten Versuchsreihen mit Großsal­moniden (Huchen, Seeforelle und Bachforelle) getestet. Im Zuge der Untersuchungen konnte die Hypothese, dass die Fischbreite des Bemessungsfisches mit 33% der lichten Lamellenweite einen konservativen Ansatz darstellt, bestätigt werden. So wurden Aufstiege von In­dividuen mit einer Körperbreite von bis zu 60% der lich­ten Lamellenausschnittweite beobachtet.

Die Videoanalysen ließen dabei erkennen, dass diese Großfische mit kleinen Flossenschlägen, den Fischpass binnen weniger Sekunden durchwandern. Dabei konn­ten keinerlei Kollisionen mit den Lamellen festgestellt werden, ebenso konnte mehrfach der Fischabstieg im System belegt werden.

Bemessungskriterien für die Passage der gr..enbestimmenden Fischart (links), Passage eines Huchen mit fb/ba = 55%, (mitte) und
Passage einer Bachforelle mit fb/ba = 60% (rechts) (c) Seidl

Auf Basis dieser Bemessungskriterien ergeben sich für den Fischpass, in Abhängigkeit der größenbestimmen­den Fischart unterschiedliche Baugrößen. Die Dotation dieser Baugrößen reicht von 20 l/s (Bachforelle 30 cm) bis ca. 350 l/s (Huchen 100 cm).

Im Zuge der biotischen Monitorings konnte der Bemes­sungsansatz zusätzlich bestätigt werden. So konnten Aitel und Bachforelle mit einer Körperlänge von 38 cm die kleinste Bautypenabmessung erfolgreich passieren.

Ebenso konnte in der Baugröße BT2 der Aufstieg einer 48 cm langen Bachforelle in einem Reusenmonitoring und in Videomonitorings die Passage von einer Bachfo­relle mit 50 cm Körperlänge, sowie eines Bachsaiblings mit 55 cm Körperlänge belegt werden. Auch der Fisch­abstieg im Modifizierten Denilpass wurde durch Video­monitorings zahlreich belegt.

Erfahrungen im Betrieb

Eine wesentliche Zielsetzung bei der Entwicklung des Fischpasses bestand darin, ein betreiber*innenfreundliches System zu entwerfen. Diese Anforderung umspannt, neben dem schnellen Einbau der Fertigteilelemente, der kostengünstigen Errichtung sowie der wassersparenden Betriebsweise auch eine einfache Sicherstellung der Funktionsfähigkeit.

Bei beckenartigen Bautypen ist es oftmals schwie­rig festzustellen, ob sich in den Übergängen Ast- oder Zweigmaterial angesammelt hat. In der Regel ist es notwendig, die Dotation der Fischaufstiegshilfe durch Absenken des Einlaufschützes zu drosseln bzw. zu un­terbinden. Die üppigen Bauwerke sind oftmals schwer einsehbar und der Wartungsaufwand meist mit Kletter­akrobatik verbunden.

Beim Modifizierten Denil-Fischpass werden Dotationsblenden mitgeliefert. Der einfache und schnelle Einschub drosselt die Dotation, sodass man sofort einen Überblick über den Wartungszustand des Fischpasses erhält. Offensichtliche Verlegungen können schnell per Hand entfernt werden und durch einfaches Herausziehen der Dotationsblende kann der Fischpass wieder in Betrieb gehen. Bei massiveren Verlegungen kann das System gespült werden. Die Lamellen sind einfach ziehbar in U-Profilen geführt, sodass diese schnell per Hand entfernt werden können.

Nach dem Entfernen der Lamellen ist das Schluckver­mögen des Fischpasses deutlich erhöht. So werden im Spülbetrieb hohe Fließgeschwindig­keiten in das System eingeleitet und ermöglichen dadurch ein Freispülen des Fischpasses und der Ruhebe­cken. Der Wartungsaufwand ist dabei, je nach Anlagengröße, auf eine Zeit­dauer von 20 Minuten bis eine Stun­de beschränkt. Fremdleistungen und schweres Gerät sind in der Regel nicht erforderlich.

Erfahrungen im Winterbetrieb haben gezeigt, dass sich die Vereisung ledig­lich auf die Lamellen beschränken. Eine völlige Ver­eisung des Fischpasses wurde auch in alpinen Lagen nicht beobachtet. Dies ist durch die hohen oberflächen­nahen Fließgeschwindigkeiten zu erklären, welche ei­ner Vereisung effizient entgegenwirken.

Fazit

Mit dem Modifizierten Denil-Fischpass wurde eine neue Form des Gegenstrompasses entwickelt. In den zahlreichen biotischen Monitorings konnte festgestellt werden, dass die biotischen Nachteile von Denil-Fischpässen, welche für die Wanderung von Kleinfischen ungeeignet sind, in der neuen Bauform eliminiert wurden. Beson­ders hervorzuheben ist dabei die hohe Funktionalität des neu entwickelten Denil-Fischpasses für bodenori­entierte Kleinfische.

Wartungsarbeiten (links) und Systemspülung bei gezogenen Lamellen (rechts). Für Anlagen, die dem unmittelbaren Hochwasserabfluss
ausgesetzt sind, können Spezialkonstruktionen mit Gitterrostabdeckung sinnvoll sein (links). (c) Seidl

Der Fischpass verfügt neben den deutlich reduzierten Errichtungskosten auch über eine, im Vergleich zu konventionellen Systemen, reduzierte Dotation. Diese Aspekte, gepaart mit dem geringeren Flächenerfordernis und dem massiv reduzierten Betonverbrauch offenbaren sowohl aus Betreiber*innensicht, als aus dem Blickwinkel des Umweltschutzes, Vorteile gegenüber anderen Fischaufstiegshilfen.

Der einfache Betrieb und die schnelle Wartung verringern das Risiko einer schlecht umsorgten und funktional beeinträchtigten Anlage.Somit stellt der Modifizierte Denil-Fischpass eine ökologisch-ökonomische Alternative dar, welche aufgrund der zahlreich belegten biotischen Funktionalität nicht auf Sonderstandorte zu reduzieren ist, sondern ein breites Einsatzspektrum für die flussauf- und flussabwärts gerichtete Wanderung liefert. 

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