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Frauen in der Wasserkraft

Ein ungenutztes Potenzial für Wachstum und Entwicklung

Spezifisch für die globale Wasserkraft-Branche hat sich die Weltbank (eine multinationale Entwicklungsbank) in einer empirischen Studie mit der Frage, wie man ein attraktives und gleichberechtigtes Arbeitsumfeld für Frauen in der Wasserkraft-Branche schafft, auseinan­dergesetzt und im Zuge dessen Handlungsempfehlun­gen erarbeitet. Der Anteil der in Europa arbeitenden Teilnehmerinnen ist mit 28% der zweitgrößte der Stu­die, somit sind die Ergebnisse auch für Europa reprä­sentativ. Obwohl im Vergleich zur Fossilen-Branche im Erneuerbaren-Sektor mehr Frauen beschäftigt sind (22% in Öl und Gas und 25% im Erneuerbaren-Sektor) sind von diesen 25% wiederum nur 21% in technischen Positionen tätig. Das bedeutet, dass in etwa vier Mal so wenige Frauen in MINT-Berufen (Mathematik, Informa­tik, Naturwissenschaften und Technik) arbeiten. 

Diese Werte sind auch vergleichbar mit Zahlen spezi­fisch für Österreich. Laut einer Eurostat Erhebung vari­iert der Anteil an Frauen in MINT-Berufen innerhalb der Fächergruppen zwischen 15,2 und 46%. Ein Ausreißer nach oben stellen die Biowissenschaften (66,6%) dar, neben 31% in exakten Naturwissenschaften (vorwie­gend mathematisch definiert, dazu zählen Chemie, Phy­sik, Mathematik, usw.) ist Informatik mit 15,2% die Un­tergrenze. Dieses Muster ist auch an Universitäten und Fachhochschulen zu beobachten. Mit 36% Frauenanteil in Physik, 35% in Mathematik, 22% im Ingenieurwesen und 15,2% in Informatik und Kommunikationstechnolo­gie zeigt sich, dass die Herausforderung, MINT-Fächer für Frauen attraktiv zu machen, bereits viel früher ent­steht.

Fehlendes Interesse?

Die Studie beschäftigt sich vor allem mit der Wahrneh­mung von Gleichberechtigung unterschiedlicher Per­sonen aus der Branche. Es gibt in der Literatur bereits identifizierte Hürden (fehlende Vorbilder, traditionelle Rollenbilder, mangelnde Gleichberechtigung, Stigmati­ sierung und Diskriminierung), trotzdem ist es wichtig,die unterschiedlichen Wahrnehmungen  aus dem Sektor zu erfassen. Sowohl Männer als auch Frauen haben als wichtigste Hürde die geringe Anzahl an Frauen mit MINT-Fähigkeiten angegeben, die für einen Großteil der Jobs in der Erneuerbaren-Branche notwendig sind. Eine weitere Erkenntnis ist, dass Männer dazu neigen, eher Barrieren zu nennen, die mit der Eigenverantwortung ihrer weiblichen Kolleginnen zusammenhängen. Damit gemeint ist vor allem, dass man Frauen unterstellt, sich zu wenig für MINT-Fächer zu interessieren, ohne die Gründe dafür zu bedenken. Eine mögliche Lösung dafür ist, dass sich mehr Frauen eigenverantwortlich dafür entscheiden können und sollen, in den Wasserkraft-Bereich zu gehen – ohne darauf Rücksicht zu nehmen, wie abschreckend männerdominierte Branchen sein können. Frauen hingegen fokussieren sich mehr auf Barrieren außerhalb ihrer Kontrolle, wie zum Beispiel fehlende weibliche Vorbilder. Beide Geschlechter erkannten an, dass ein Arbeitsplatz in der Wasserkraft nicht gerade einladend für Frauen ist.

Welche Barrieren gibt es?

Um diese Fragen zu beantworten, gilt es, die identifi­zierten Barrieren genauer zu beleuchten. 

Geringer Anteil an Frauen mit relevanten MINT-Fähigkeiten

In den meisten Ländern sind Frauen in MINT-Fächern noch deutlich unterrepräsentiert (nur 20-30%) – so auch in Österreich. Verbreitete traditionelle Ansichten, dass die Wasserkraft eine Männern vorbehaltene Branche ist, gibt es weiterhin. Familien tragen oftmals aktiv zur Entmutigung junger Mädchen bei, männlich dominierte Schulen zu besuchen. 

Das Umfeld einschließlich des Bildungsbereichs trägt wenig dazu bei, die traditionellen Ansichten zu ändern. In vielen Fällen unterstützt oder verstärkt die Gesell­schaft in konservativen Umgebungen sogar die Erwar­tung, dass Mädchen die Schule abbrechen werden, da sie heiraten oder Kinder bekommen werden. Gleichzei­tig zeigen Studien, dass Bildungseinrichtungen teilweise dazu neigen, mehr Aufmerksamkeit auf die Ausbildung von Jungen zu legen.

Fehlende weibliche Vorbilder

In früheren Umfragen im Bereich der Erneuerbaren Energien, durchgeführt von GWNET und IRENA, gaben viele Frauen an, dass der Zugang zu Frauennetzwerken und weiblichen Mentorinnen entscheidend ist, wenn sie in einem von Männern dominierten Umfeld arbeiten. Frauen benötigen sowohl Zugang zu Gleichgesinnten, die sich in einer ähnlichen Position befinden, als auch zu erfahreneren Mentorinnen, die bereits weiter auf der Karriereleiter sind und Ratschläge geben können. Diese können Vorbilder bieten, und Frauen helfen, sich weni­ger isoliert zu fühlen, ihr Selbstvertrauen aufzubauen und durch die internen Organisationsstrukturen zu na­vigieren.

Voreingenommenheit der Führungsebene zugunsten der Beschäftigung von Männern

Vorherrschende Vorstellungen von Geschlechterrollen hindern viele Frauen daran, in die Branche einzusteigen oder dort zu bleiben. Ein Beispiel ist die Auffassung, dass Frauen nicht so analytisch oder stark sind wie Männer – daraus resultieren negative Annahmen über die Fähigkeiten von Frauen, die im Sektor benötigt werden. Daraus resultierend wird die Wasserkraft-Branche als arbeitsintensiv und technisch eingeschätzt und somit als weniger geeignet für Frauen beurteilt.

Arbeitsumfeld, welches für Frauen nicht einladend ist

Oft können praktische Schwierigkeiten für Frauen eine Herausforderung sein. So gelten viele Standorte als eher unsicher und angemessene Einrichtungen und Sicherheitsausrüstungen fehlen oft. Das sendet ein Si­gnal, dass der Sektor wenig Interesse daran hat, sich an Frauen anzupassen und seine Attraktivität für sie zu steigern. Es scheint, dass der Sektor erwartet, dass Frauen sich an ihn anpassen, und dass sie nur dann ein­treten sollten, wenn sie bereit sind, jegliche Herausforderung für ihre Sicherheit, Familienleben, Elternschaft oder Wohlbefinden zu akzeptieren. Hinzu kommt das Problem, welches sich durch viele männerdominierte Berufsgruppen zieht – Sexismus am Arbeitsplatz.

Erlebte Erfahrungen der Teilnehmerinnen

Teilnehmerinnen der Studie schilderten verschiedenste negative Erlebnisse aus ihrem Berufsalltag. Zum Bei­spiel, dass Frauen in Meetings übergangen werden, die Qualität ihrer Arbeit angezweifelt wurde, die Berechti­gung der Bezahlung infrage gestellt wurde sowie sexis­tische Witze und Belästigung erduldet werden mussten. Eine Ingenieurin berichtete, dass sie regelmäßig bei Meetings für die Sekretärin gehalten und nach Getränken gefragt wurde. Eine weitere Teilnehmerin betonte, dass Frauen, die in den Sektor einsteigen „emotional bereit“ sein müssen, gegen Belästigung vorzugehen. 25% der Teilnehmerinnen gaben an, sexuelle Belästigung oder unangemessenes Verhalten in ih­rem Unternehmen erlebt zu haben – davon gaben nur 15% an, dies auch gemeldet zu haben. Dies ist auch in Österreich ein immer noch weit verbreitetes Problem. Laut der Arbeiterkammer, gaben 27% der Frauen an, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt zu haben. In der männerdominierten IT-Branche sind es zum Vergleich bis zu 40%.

Die genannten Hindernisse haben alle etwas gemein­sam. Sie entstehen aus einem anfänglichen Ungleich­heitskontext, bei dem hauptsächlich Männer die Regeln für die Beteiligung von Frauen in Familie, Gemeinschaft, Öffentlichkeit und Industrie festlegen. Dazu zählt bei­spielsweise, dass Männer oft Hauptentscheidungsträ­ger der Familie sind, und teils politische und soziale Strukturen dominieren – dadurch entscheiden sie über­mäßig über Zugang zu Ressourcen, Rechten und Mit­sprachemöglichkeiten. 

Die Studie betont allerdings, dass diese Normen und Systeme sehr wohl verändert werden können und As­pekte wie die Sicherheit am Arbeitsplatz, Bewusstseins­bildung für Chancen in der Branche zu fördern und eine lernfreundliche Umgebung für Mädchen in MINT-Fä­chern zu schaffen, essenziell sind.

Gleichberechtigung hat ökonomische und soziale Vorteile

Studien haben gezeigt, dass ein inklusives und gleichberechtigtes Arbeitsumfeld wirtschaftlich und sozial vorteilhaft ist. Die Gleichstellung der Geschlechter ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit und Fairness, sondern ein erstrebenswertes Ziel, welches Innovation, Produktivität und nachhaltige Entwicklung fördert. Global ge­sehen kann das BIP um 26% gesteigert werden, wenn die Lücke zwischen der Arbeit von Männern und Frauen geschlossen wird. Ein weiterer positiver Aspekt eines diversen Teams ist, dass bei einem Problem, Projekt oder einem sonstigem Arbeitsauftrag möglichst alle Perspektiven abgedeckt sind und somit die Risikogefahr minimiert werden kann. Außerdem trägt Gleichberechtigung zu den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen (SDG 5 und 8) Gleichberechtigung und menschenwürdige Arbeit so­wie Wirtschaftswachstum bei.

Bewusstsein schaffen 

Bei globalen Studien liegt der Gedanke nahe, dass diese Probleme in Europa viel weniger relevant sein müssten, da der Grad an Gleichberechtigung schon sehr hoch ist. Das stimmt grundsätzlich, jedoch gilt es nicht für männerdominierte Branchen. Die Wasserkraft-Branche ist nicht Ursache der Probleme, da der Ursprung schon am Beginn der Ausbildung bei Mädchen liegt. Es sind gesellschaftliche Themen, die für ein mangelndes Interes­se bei Frauen an MINT-Berufen sorgen, welche in weiterer Folge zu fehlenden Bewer­berinnen führen. In anderen technischen Branchen ist die Lage ähnlich. Es sind die gesamtgesellschaftlichen Hürden, die sich in männlich überrepräsentierten Bran­chen deutlich verstärkt auswirken. Gerade deshalb ist es wichtig, dass sich diese Bereiche und Unternehmen der Hürden bewusst sind und auf Gleichberechtigung hinarbeiten. In der Studie wird auch betont, dass es schon einen Großteil ausmacht, wenn sich Unternehmen und Füh­rungspersonen mit diesen Barrieren auseinanderset­zen und ein Auge darauf haben. Jedes Arbeitsumfeld profitiert davon, sich zu überlegen, wie man für alle Mitarbeiter*innen ein angenehmes Klima schaf­fen kann und es sendet ein großes Willkommens-Sig­nal an junge Frauen, wenn der Firma Gleichberechti­gung wichtig ist.

Zur gesamten Studie

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