Flüsse und Bäche sind unterschiedlichsten Einflüssen ausgesetzt. Ob menschliche Eingriffe in das Ökosystem, der Klimawandel und die einhergehenden steigenden Temperaturen oder die vorhandene Vegetation, das alles kann verschiedene Effekte auf die Gewässer haben. Insbesondere die Wassertemperatur beeinflusst alle chemischen und biologischen Prozesse und ist somit ein signifikanter ökologischer Faktor. Die Uferbeschattung durch Bäume und Sträucher kann einen Beitrag zur Temperaturreduzierung beitragen und dadurch positive Auswirkung auf die Gewässerökologie haben.
Der Einfluss der Gewässertemperatur auf das Ökosystem
Die Gewässertemperatur ist ein wesentlicher Faktor der Gewässerökologie. Sie steht in direktem Zusammenhang mit der Lufttemperatur. Das Wasser gleicht sich dieser mit einer gewissen Zeitverzögerung an. Sonneneinstrahlung und die Rückstrahlung der Wolken tragen ebenfalls zur Wassertemperatur bei, auch die Wassertiefe und die Abflussmenge spielen eine Rolle. Je weniger Wasser vorhanden und je seichter dieses ist, desto stärker und schneller erwärmt es sich. Durch höhere Temperaturen werden viele Prozesse im Fließgewässer beschleunigt. So kann die Umsetzrate von Nährstoffen und die Geschwindigkeit des Stoffwechsels von im Gewässer lebenden Organismen schneller ablaufen. Auch die Photosynthese der Vegetation wird durch die steigende Temperatur beschleunigt. Dieses schnellere Wachstum kann bei zu hoher Temperatur zu Problemen führen. So leiden Fische unter den hohen Temperaturen und neigen dazu, in höher gelegene Flussabschnitte abzuwandern. Weiters wird der Sauerstoffgehalt des Wassers beeinflusst und Organismen wie zum Beispiel Parasiten können sich leichter verbreiten. Zusätzlich verdunstet mehr Wasser, was zu einem niedrigeren Wasserstand führen kann – eine langfristige Verringerung der Wasserverfügbarkeit ist eine mögliche Folge. Gleichzeitig können sich diese Abläufe dadurch weiter verselbstständigen, da weniger Wasser wiederum aufgrund der Wassertiefe und Abflussmenge zu einer noch stärkeren Erhöhung der Wassertemperatur führen kann.
Beschattung als Teil der Lösung
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, die Wassertemperatur zu beeinflussen. Im Zuge der Renaturierung von Flüssen kann das Ökosystem mit verschiedenen Maßnahmen unterstützt werden. Zwei Beispiele dafür sind genügend tiefe und flache Zonen im Fluss und die Aufforstung im Uferbereich. Durch die Sonneneinstrahlung kommt es zu einer verstärkten Evapotranspiration. Damit ist gemeint, dass mehr Verdunstung durch Pflanzen, Wasser- und Bodenoberflächen stattfindet und im Zuge dessen Energie in Form von Wärme an die Atmosphäre abgegeben wird.
Die Verdunstung von beispielsweise einem Liter Wasser pro Quadratmeter (entspricht einer Wassersäule von 1 mm) führt zu einem Energieentzug von etwa 2.500 kJ pro Quadratmeter. Diese Energie wird zu einem späteren Zeitpunkt an einem anderen Ort freigesetzt, wenn der gebildete Wasserdampf kondensiert, sei es durch Niederschlag oder die Bildung von Tau. Durch diesen Energieentzug entsteht eine Art “Verdunstungskälte” und es kommt zu einer Abkühlung der Umgebung (ähnlich wie das Schwitzen beim Menschen).
Die Verdunstung von Wasser durch Pflanzen und den Boden, hat also eine kühlende Wirkung. Dies ist besonders in Gebieten mit vielen Bäumen spürbar, weil die Oberfläche der Blätter, die Wasser verdunsten lassen, oft viel größer ist als die Fläche des Bodens. Wenn Bäume nahe an einem Fluss oder Bach wachsen, kann dies dazu führen, dass das Wasser kühler wird. Das passiert nicht nur, weil die Bäume Schatten spenden und somit weniger Sonneneinstrahlung zum Wasser gelangt. Es liegt auch daran, dass die Bäume durch die stärkere Verdunstung zur Kühlung beitragen. Das Blätterdach der Bäume wirkt zusätzlich wie eine isolierende Schicht, die den Austausch von Wärme mit der wärmeren Luft in der Umgebung verringert, was die kühlende Wirkung noch verstärkt. Die Stärke dieses Effekts ist abhängig von der Höhe und Dichte der Ufervegetation, vom Abstand zum Wasser und der Ausrichtung zur Sonne.
Ein weiterer Aspekt der Ufervegetation ist, dass diese den Nährstoff-, Schadstoff- und Feinsedimentrückhalt im Uferbereich und somit den Eintrag ins Gewässer positiv beeinflusst. Gerade der Nährstoffrückhalt kann einer Eutrophierung (= Sauerstoffverbrauch aufgrund der Biomasse-Zersetzung durch Mikroorganismen) vorbeugen. Durch den Prozess der Eutrophierung besteht die Möglichkeit, dass existierende Arten aus ihrem Lebensraum verdrängt werden.
Auch die Habitatmöglichkeit für sämtliche Lebewesen sind weitere Argumente dafür. Neben diesen Funktionen erfüllt ein intakter Uferstreifen noch viele weitere Aufgaben. Er bildet eine Verbindung zwischen dem Fließgewässer und den benachbarten Lebensräumen, schützt das Ufer vor Erosion, fördert ökologische Nischen und die Entstehung von kleinen Lebensräumen, steigert die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten, verhindert das Eindringen von Schadstoffen ins Gewässer und reduziert die Belastung des Wassers durch die Aufnahme von Nährstoffen über die Wurzeln.
Fazit
Die Vorteile von Beschattung sind mitunter ein Grund, warum bei Renaturierungen auch auf die Vegetation am Ufer geachtet werden sollte. Auch bei Kleinwasserkraftwerken lohnt sich ein genauer Blick auf umliegende Bäume und Sträucher, welche das Mikroklima verbessern könnten. Die Kleinwasserkraft und der Ausbau jeglicher Erneuerbaren Energie tragen zusätzlich zu einer Verminderung der Treibhausgase und somit zu einer kühleren Temperatur bei.
Gerade im Sinne der Klimawandelanpassung steht die Renaturierung und die Wiederherstellung der Durchgängigkeit von Fließgewässern im Vordergrund. Gut geplante, dem aktuellen Stand der Technik entsprechende Kleinwasserkraftwerke stehen diesem Ziel nicht entgegen. So kann ein Kleinwasserkraftwerk mit fischpassierbarer Fischaufstiegshilfe und sinnvoll aufgeforsteter Vegetation einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der ökologischen Bedingungen am jeweiligen Standort leisten.